Die Frage nach der Stimmtonhöhe stellt ein schwieriges Kapitel dar. Bruce Haynes bemerkt zudem in seinem Artikel über den Stimmton „das derzeitige ‚Zurückscheuchen’ vor dem Thema unter Wissenschaftlern.“[1] Nun ist der Verfasser der vorliegenden Arbeit ebenfalls kein Spezialist auf diesem Gebiet und wird sich deshalb zurückhaltend dem Thema widmen.
Historische Aufzeichnungen sind nicht immer eindeutig oder bezeichnen Stimmtonhöhen in ihrer Absolutheit, was in unserem Verständnis eine Hertz-Angabe bedeuten würde. Haynes zieht daher historische Instrumente heran. Die Auswahl muss auf Instrumente mit ‚fester Stimmung’ getroffen werden, wie z.B. Zinken, Querflöten, Blockflöten, Klarinetten und Orgeln, die dann gemessen werden können. Eine eindeutige Angabe über das 19. Jahrhundert und der damit verbundenen relativen Stimmtonhöhe der Wäldner-Orgeln gibt er nicht an. Bei der Frage um die Stimmtonhöhe der Orgel zwischen 1765 und 1830 verweist er auf das 18. Jahrhundert, also die alten Instrumente:
„Die Orgeln hatten meist noch die Stimmung von vor hundert Jahren, wodurch sie im Verhältnis zu anderen Instrumenten in Deutschland zu hoch und in Frankreich zu tief waren.“[2]
Die Stimmtonhöhe der Instrumente ab 1830, beschreibt Haynes, war auf dem Niveau unserer heutigen. Allerdings geht er nun nicht mehr auf die Orgel ein.
Vermutlich, da die Orgel auch das Klangideal des Orchesters im Begriff war aufzunehmen, sind hier eventuell Parallelen in der Lage des Stimmtons zu finden. Die Orgel könnte sich dem Orchester angenähert und damit unsere Normalstimmtonhöhe angestrebt haben. Hier eine genaue Frequenz anzugeben, wäre bloß Vermutung. Da diese Erkenntnisse nun nicht erschöpfend scheinen, ist eine Messung der Wäldner-Orgeln sinnvoll. Problematisch daran ist das häufige Stimmen der Orgeln über die Jahre bzw. die Umdisponierungen, welche den originalen Erhaltungszustand und damit Klang und Stimmtonhöhe beeinflussten. Ist das, was man hier vorfindet, noch ursprüngliche Stimmtonhöhe? Wieder ist der Punkt erreicht, an dem ein Orgelbauer weitere Untersuchungen am Pfeifenwerk vornehmen müsste (Stimmrollen, -schlitze). Einen Lösungshinweis auf diese Frage bietet der Orgelfraebogen zum Schlaitzer Instrument, das wahrscheinlich weitestgehend original erhalten ist: So „steht die Orgel 1 Ton zu hoch“[3] (Schlaitz 1833). Bei der Besichtigung der Angersdorfer Orgel trat das gleiche Phänomen auf. Genauer gesagt, handelt es sich hier um eine große Sekunde, die das Instrument höher steht. Im Kostenanschlag für die Domorgel hatten sich die Wäldner zu folgender Stimmung verpflichtet: „Das Werk wird gleichschwebend in Kammerton nach Höhe des a der Königl. Kapelle zu Berlin eingestimmt, hierzu wird eine Stimmgabel geliefert […]“[4] Die Stimmgabel böte demnach die Möglichkeit, die originale Stimmtonhöhe der Orgel zu ermitteln. Die ursprünglich für Morl erbaute Orgel, die heute im Refektorium des Klosters Michaelstein steht, wurde nach der Restauration ebenfalls im Chorton gestimmt.[5] Wo letztendlich der genaue Stimmton lag (Frequenz), ließ sich bislang nicht ermitteln. Wahrscheinlich hat Friedrich Wilhelm seine Instrumente einen Ganzton höher gestimmt (vor 1851) und sie mit der gleichstufigen Stimmung versehen. Bei August Ferdinand konnten keine Besonderheiten festgestellt werden. Er hat sicherlich entsprechend heutiger Gepflogenheiten im Orgelbau gestimmt (gleichstufig). Abgesehen davon, sind Dorforgeln oft aus Mangel an Pflege verstimmt, so dass kein absoluter Stimmton wie auch Stimmungen, die vor Ort ermittelt würden, immer Gültigkeit besäßen.[6]
Exerziert man den Umkehrschluss und geht von einem original erhaltenen Stimmton aus (Angersdorf, Schlaitz, Morl), sind diese Instrumente Indiz dafür, dass Friedrich Wilhelms Orgeln im Chorton anstatt dem Kammerton standen.
[1] MGG, Sachteil Bd. 8, 2. Auflage, Sp. 1814.
[2] Ebd., Sp. 1827.
[3] Orgelfragebogen Schlaitz, 1. Mai 1937, S. 1.
[4] Acta der königlichen Schloss- und Domkirche zu Halle, betreffend der Orgel der Domkirche, deren Reparatur und demnaechstiger Neubau. Akte 515 Bd. 3, Kostenanschlag vom 10.12.1845.
[5] Wäldner-Orgel Michaelstein. Eine kurze Beschreibung des Instrumentes und seiner Wiederherstellung, hrsg. von: Michaelstein. Institut für Aufführungspraxis der Musik des 18. Jahrhunderts. Blankenburg [o.J.].
[6] Einige Instrumente wurden vom Verfasser zu Zeiten besucht, wo es nicht üblich ist, die Orgel zu stimmen (Frühjahr/April), oder die Orgeln eventuell schon wieder verstimmt waren (Herbst).