Friedrich Wilhelm Wäldner wurde am 8. Juni 1785 in Olbersleben als Sohn des Kauf- und Handelsmannes Johann Philipp Wäldner und seiner Frau Dorothea (geb. Kauffmann) geboren.[1] Das Stammbuch der Familie berichtet über einen gewissen Christian Wäldner, der neun Brüder und zwei Schwestern hatte. Er soll Ende „[…] 1700 oder Anfang 1800 […]“[2] als Orgelbauer nach Halle gegangen sein und die Werkstatt auf Ferdinand Wäldner vererbt haben.[3] Serauky berichtet allerdings von keinem Christian. Am 15. Februar 1811 wird Friedrich Wilhelm erstmals in Halle als Orgelbauergeselle[4] und am 31. März 1814 als Orgelbaumeister[5] erwähnt. 1815 erlangte er das hallesche Bürgerrecht[6] und heiratete am 28. Mai desselben Jahres Johanne Sophie Elisabeth (geb. Hummel).[7] Wahrscheinlich erfolgte die Werkstattgründung im gleichen Jahr oder kurz danach. Die Werkstatt befand sich in der Großen Klausstraße Nummer 15, nach alter Zählung (gegenüber des heutigen Ackerbürgerhofs; Abb. 1-3, S. 1-2).[8] Das Haus existiert nicht mehr.
An diesem Punkt stehen sich widersprüchliche Aussagen gegenüber, die einiger Überlegungen bedürfen. Christian-Alexander Wäldner (Hannover), einer der Nachfahren, konnte anhand des Geburtsregisters aus Olbersleben eine Person ausfindig machen, die mit den Angaben des Stammbuchs übereinstimmt. Am 2. Juni 1796 wurde Christian Wilhelm Wäldner in Olbersleben geboren. Es könnte sich dabei um den benannten Christian handeln, der angeblich nach Halle ging. Bei der Beschäftigung mit den Orgeln Friedrich Wilhelms ergaben sich insgesamt fünf Hinweise[9] auf Christian. Er wird meistens als Bruder Friedrich Wilhelms bezeichnet. So heißt es z.B. in dem Fragebogen zu den Orgeln der Kirchenprovinz Sachsen für Pressel:
„[…] Die Orgel von dem geschickten Künstler Friedrich Wilhelm Wäldner und dessen Bruder Christian Friedrich Wäldner aus Halle im Herbst 1826 begonnen und im Frühjahr 1827 zu Stande gebracht […]“[10]
und laut Fragebogen für Unterfarnstädt (Inschrift):
„[…] Diese Orgel ist gebaut worden im Jahre 1843 von dem Orgelbaumeister Friedrich Wilhelm und dessen Bruder Wilhelm Wäldner und des ersten Sohn Ferdinand Wäldner aus Halle […]“.[11].
Es wird wohl eher ein älterer Bruder die Initiative für ein jüngeres Familienmitglied ergreifen als andersherum. So ist davon auszugehen, dass Friedrich Wilhelm seinen Bruder Christian (weitere Vornamen sind uneinheitlich) mit nach Halle nahm und sie zusammen die ersten Orgeln erbauten. Dies sei explizit erwähnt, da Friedrich Wilhelms Bruder somit ein weiteres Familienmitglied war, das den Beruf des Orgelbauers ausübte und bislang keine Erwähnung fand.
Da Friedrich Wilhelm als Orgelbauer in den Adressbüchern der Stadt Halle aufgeführt wurde, betrieb sicher er das Geschäft und vererbte es später direkt auf August Ferdinand, nicht Christan, wie es das Stammbuch der Familie bezeugen will.
Wo Friedrich Wilhelm den Beruf erlernte, kann nicht geklärt werden, da hier keine Akten gefunden wurden. Es gibt vielerlei Vermutungen, die nicht beweisbar sind. Zumal als erstes die Frage nach dem Ort der Ausbildung steht und in dessen Abhängigkeit bestimmte Orgelbauer der Zeit in Frage kommen und auch ausgeschlossen werden können. Anhand der zwei Angaben von 1811 und 1814 ist zu vermuten, dass er innerhalb der drei Jahre in Halle bzw. der halleschen Umgebung seinen Meisterrecht erhielt. Somit wäre in diese Zeit auch das opus primus im Sinne eines Meisterstücks anzusiedeln. Es gibt einige Orgelbauer dieser Zeit, die für den Raum Halle als Lehrmeister in Frage kämen. Dazu zählen Johann Gottfried Kurtze (auch Kurze), Johann Friedrich Leberecht Zuberbier und Johann Carl Friedrich Lochmann (auch Lohmann).[12] Sollte Friedrich Wilhelm aber seine Lehre nicht in Halle absolviert haben, kämen auch Orgelbauer Thüringens und Brandenburgs in Frage. Doch wären hier weitere Untersuchungen vonnöten. Anhand konstruktiver Eigenschaften der Instrumente Friedrich Wilhelms wäre es möglich, Vergleiche anzustellen. Hier soll aber weiteren Spekulationen keinen Raum gegeben werden.[13] Warum er überhaupt nach Halle kam, erklärt vielleicht die politische Situation Preußens. Nach 1811 war es für einen Gesellen möglich – die Zünfte waren abgeschafft – durch den Erhalt eines Gewerbescheins ein Geschäft zu eröffnen. Diese Reform war in Thüringen noch nicht erfolgt. Für einen jungen Handwerker sicher ein Anreiz seine Heimat zu verlassen und auf eigenen Beinen zu stehen. Allerdings war Halle in jener Zeit wirtschaftlich am Ende. Somit war es trotzdem sehr schwer, sich zu behaupten.
[1] Vgl. Serauky, Halle 1942, Bd. 2,2, S. 335 u. Ahnenpass der Wilhelmine, Agnes, Emma, Gertrud Wäldner, erstellt/begutachtet von der Reichsstelle für Sippenforschung im Reichs- und Preuß. Ministerium des Innern und von vielen Dienststellen der NSDAP, S. 12.
[2] Stammbuch Wäldner, S. 16.
[3] Vgl. Stammbuch Wäldner, S. 16.
[4] Vgl. Serauky, Halle 1942, Bd. 2,2 S. 335 (=Dom, Taufbuch 1801/14). Das Taufbuch der Dom-gemeinde erwähnt die Patenschaft für ein Kind namens Hummel. Da er eine Hummel heiratete, waren hier verwandtschaftliche Beziehungen im Spiel, die eine Geschäftseröffnung vielleicht begünstigten.
[5] Vgl. ebd. (=Laurentiuskirche, Trauregister 1796-1814).
[6] Vgl. Stadtarchiv Halle, Bürgerbuch, Eintrag zu 1815.
[7] Vgl. Ahnenpass, S. 12.
[8] Vgl. Serauky, Halle 1942, Bd. 2,2, S. 514. u. Stadtarchiv Halle, Bauakte Große Klausstraße 15 u. Adressbücher.
[9] Chronik Wolferstedt (für Winkel; mitgeteilt von Pfarrer Hoffmann, Wolferstedt), Orgelfragebögen Pressel und Unterfarnstädt, Inschrift auf Balken in Gräfenhainichen/Paul-Gerhardt-Kapelle, Urania. 8. Jahrgang 1851. Nr 10, S. 113.
[10] Orgelfragebogen Pressel, 28. November 1937.
[11] Orgelfragebogen Unterfarnstädt, 7. September 1936.
[12] Vgl. Serauky, Halle 1942, Bd. 2,2.
[13] Am berühmtesten war Kurtze. Es gibt Parallelen zwischen der Geschäftsweise Kurtzes und Friedrich Wilhelms. Kurtze hatte teils fertige Orgeln im Angebot. Einen solchen Hinweis für die Arbeitsweise Wäldners findet in der Chronik zu Wolferstedt für die Orgel in Winkel. Dort ist die Rede von einer fertigen Orgel, die in der Wäldnerschen Werkstatt steht. Außerdem beschäftigte sich Kurtze mit romantischer Disposition (Mitteilung Pfarrer Hoffmann, Wolferstedt). (Vgl. Stüven, Wiesbaden 1964, S. 77-85.)