Niemberg (1865)

St. Ursula ist eine der zahlreichen neu errichteten Gotteshäuser des 19. Jahrhunderts, die im Zuge des Neubaus eine Orgel erhielten. So folgte nach der Fertigstellung der neoromanischen Kirche 1864 der Orgelbau, der 1865 seine Vollendung fand (Abb. 17, S. 9).[1] Es handelt sich hierbei um ein größeres Werk August Ferdinands mit 16 Registern verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Über die Geschichte des Instruments ist nicht viel bekannt, weil hierzu die Akten fehlen. Laut Angabe des Orgelfragebogens hatte Rühlmann 1937 die Orgel in Pflege. Der damalige Zustand war gut.[2] Eine Inschrift gibt Auskunft über Stimmung, Reinigung und Holzwurmschutzbehandlung im Jahr 1978 durch Arno Voigt, Bad Liebenwerda. Weitere Hinweise sind nicht vorhanden.

Das Gehäuse erinnert an die Orgel des Doms zu Halle: fünfgliedrige Aufteilung mit überhöhter Mittelachse, die flach abschließt und Rundtürmen an den Seiten. Der Unterschied zum Dom liegt in der Aufstellung der Seitentürme, die in Niemberg auf Eck stehen und nicht, wie im Dom, mit den Seiten des Gehäuses abschließen. Über Eck gestellte Pfeifentürme stammen aus dem Berliner Raum. Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler waren bekannt für solche Prospekte. Als August Ferdinand 1860 in Berlin arbeitete,[3] hatte er eventuell die Möglichkeit, Eindrücke zu sammeln und diese in seine Orgeln einfließen zu lassen.

Die Niemberger Orgel ist ein Wäldnersches Zeugnis, was den zögerlichen Fortschritt der Werkstatt hervorhebt. Das Hauptwerk besitzt eine wellenbrettlose Spieltraktur, wobei das Oberwerk, bei dem es sich um ein Hinterwerk handelt und das Pedal noch mit Wellenbrettern versehen sind. Leider ist das Werk nicht original erhalten.

Heute zeigt sich die Orgel neobarock umdisponiert. So wurden gerade das sehr romantisch disponierte Oberwerk und das Pedal stark aufgehellt. Wer die Arbeiten durchführte bleibt ungeklärt. Der Klang der original erhaltenen Substanz ist sehr weich. Durch den Wegfall des zweiten 16’ Registers Violon im Pedal hat die Orgel nicht mehr das für Wäldner bekannte solide Bassfundament. Die Orgel befindet sich in einem spielbaren Zustand, muss aber grundlegend überarbeitet werden. Die Klangentfaltung im Raum ist trotz des Einbaus in die Turmnische akzeptabel. Die Größe des Raums lässt einen mittleren Hall zu. Stimmtonhöhe, Stimmung und Winddruck wurden nicht ermittelt.

 

Disposition (1937)[4]

 

Hauptwerk C-f³

 

 

Oberwerk C-f³

 

 

Pedal C-d¹

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bordun

16’

 

Gedackt

8’

 

Subbaß

16’

Principal

8’

 

Flauto traverso

8’

 

Violonbaß

16’

Viola di Gamba

8’

 

Geigendprinzipal

4’

 

Principalbaß

8’

Doppelflöte

8’

 

Flauto amabile

4’

 

 

 

Octave

4’

 

 

 

 

 

 

Gedackt

4’

 

Manualcoppel

 

 

 

Quinte

2 2/3’

 

Pedalcoppel

 

 

 

 

Octave

2’

 

Calcantenklingel

 

 

 

 

Mixtur

3f.

 

 

 

 

 

 

 

Disposition (2005)

 

Hauptwerk C-f³

 

 

Oberwerk C-f³

 

 

Pedal C-d¹

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bordun

16’

 

Gedackt

8’

 

Subbaß

16’

Principal

8’

 

Geigendprinzipal

4’

 

Principalbaß

8’

Viola di Gamba

8’

 

Blockflöte

2’

 

Choralbaß

4’

Doppelflöte

8’

 

Zimbel

3f. 2/3’

 

 

 

Octave

4’

 

 

 

 

 

 

Gedackt

4’

 

Manualcoppel

 

 

 

Quinte

2 2/3’

 

Pedalcoppel

 

 

 

 

Octave

2’

 

Calcantenklingel

 

 

 

 

Mixtur

3f.

 

 

 

 

 

 

                 

  

[1] Vgl. Orgelfragebogen Niemberg, 10.2.1937.

[2] Vgl. Orgelfragebogen Niemberg, 10.2.1937.

[3] Siehe Kapitel 6 Umbauten und Entwürfe, S. 41.

[4] Orgelfragebogen Niemberg, 10.2.1937.

 

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